Dezember 14, 2015

Shirakawago

Während meines Wochenendausflugs nach Takayama bin ich natürlich auch nach Shirakawago gefahren. Als ich Sonntagmorgen am Busbahnhof ankam, um mir eine Fahrkarte zu besorgen, habe ich erstmal einen Schreck erlitten, weil die Schlange an der Haltestelle auch eindeutig so aussah, dass unmöglich alle Menschen, die dort anstanden, in den Bus passen könnten. Es war dann aber kein Problem, ein Mitarbeiter der Busgesellschaft schritt mit einem Zähler die Reihe ab, und kurz nachdem der erste Bus vollbeladen abgefahren war, kam den nächste, um den Rest der Wartenden einzuladen. Da war ich aber erleichtert, ansonsten hätte das eine Stunde bis zum nächsten Bus Wartezeit bedeutet. Aber wenn man liest, ein Bus, denkt man sich - oh. Wobei ich allerdings auch in Nikko schon den Eindruck gehabt hatte, als wir vom Chuzenjiko wieder zurück fuhren, dass dort dann einfach zur Busabfahrtszeit soviele Busse eingesetzt werden, wie eben nötig. Also hinein in den Bus und etwa eine Stunde Fahrzeit gefühlt beständig bergauf, gegen Ende durch zahllose, kilometerlange Tunnel. Von rotem Laub war leider nicht mehr so viel zu sehen, teilweise waren die Bäume schon recht kahl. Aber alles in allem kein Problem und ich konnte mich mit den vielen zahlreichen anderen Besuchern schließlich durch den Ort treiben lassen. Bei den Touristenmassen und da muss ich mich ja mit einschließen, frage ich mich, wer überhaupt noch in diesem Ort leben mag, aber scheinbar gibt es doch noch Menschen, die bereit sind, das zu ertragen. Wie die Arbeiter auf dem Fischmarkt in Tokyo. In den kleineren Orten der Gegend, die per öffentlichen Verkehrsmitteln nicht so einfach zu erreichen sind, liegt die Sache vielleicht noch ein wenig anders. 
Wie war ich überhaupt dazu gekommen Shirakawago besuchen zu wollen? 


Ich glaube letztendlich durch den Film Totoro. Auch wenn der eigentlich nicht in der Gegend spielt, waren mir darin, als ich den Film vor einigen Jahren sah, die strohgedeckten Häuser aufgefallen, im Gedächtnis geblieben und ich hatte recherchiert, wo diese Häuser stehen. Also Gifu, Shirakawago. Und auch, wenn ich es eben nur in den von den meisten Touristen heimgesuchten Ort, Ogimachi aber nicht nach Suganuma oder Ainokura geschafft habe, so war es doch auf jeden Fall die Reise wert.










Einige Häuser konnte man besichtigen, es gab überall die bereits im Beitrag über Takayama erwähnten Irori. Hier erfuhr man, dass diese nicht nur als Herd oder Wärmequelle genutzt wurden, sondern auch zur Konservierung der Häuser unerlässlich sind, zur Ungezieferkontrolle, zur Erhaltung einer bestimmten Luftfeuchtigkeit und natürlich auch Temperatur, die früher unter den weiten Dachstühlen auch noch durch weitere kleine "Heizöfen" unterstützt wurde, um die optimale Temperatur zur Seidenraupenzucht zu erreichen. Erstaunlich, in einer Gegend mit solchen Wintern, wo der Schnee meterhoch liegt und die laut meiner Ryokanwirtin noch bis vor nur 15 Jahren im Winter mehr oder weniger von der Außenwelt abgeschnitten war, wurden Seidenraupen gezogen. Über letztere habe ich auch interessantes erfahren, aber damit will ich hier nicht langweilen. Das letzte Bild im Takayama Post zeigt übrigens Frauen, die mit der Seidenherstellung beschäftigt sind. In allen Häusern, die man besichtigen konnte, brannte das Feuer und es qualmte gehörig. Ich roch wie ein Schwarzwälder Schinken, als ich wieder hinaus ging. Die Häuser sind wirklich mehr oder weniger bis unter das Dach offen, bzw ist über der Feuerstelle, die sich im Erdgeschoss befindet, die Decke nur aus Brettern gemacht, die breite Spalten zur Durchlüftung aufweisen. Die Häuser sind ziemlich dunkel, also ja, darin zu leben, ist sicher nicht das, was man sich unter einem angenehmen Leben vorstellt. Die Schönheit der Nostalgie. Da sind die reetgedeckten Häuser in Friesland schon nochmal etwas anderes. 






Ich frage mich auch, was die Menschen im Winter machen, denn die alten Häuser hatten scheinbar kaum einmal Glasfenster, sondern stattdessen waren die "Fenster" aus Papier, was es ja auch schon dunkler macht. Im Freilichtmuseum in Takayama hatte ich den Eindruck, im Winter würden dann eventuell einfach nur die Läden geschlossen, aber darauf bzw deren Vorhandensein hatte ich in Ogimachi nicht geachtet. Aber dann ist es ja wirklich stockdunkel. Naja, wenn man den Bildern von den Wintern dort glauben muss, liegt der Schnee ohnehin meterhoch. Es gibt einen etwas erhöht gelegenen Aussichtspunkt, der im Winter nicht erreichbar ist. Und was mich auch sehr gewundert hat, auch hier unzählige Persimonbäume. 













Abgesehen davon, dass ich ja auch weiter im Südwesten und in Tokyo bereits viele Kakibäume gesehen habe, dachte ich bisher, weil die Früchte in unserem Supermarktregal meist aus Israel kommen, diese Bäume bräuchten es warm. Scheint wohl nicht der Fall zu sein. Es gab einen Schrein und einen Tempel mit einem gigantisch beeindruckenden Dachstuhl, mit Pflastersteinen befestigte Kanäle mit ordentlichen Ausmaßen (für das Schmelzwasser?) und zahlreiche Süßwaren- und Picklesgeschäfte. Beides werde ich vermissen, diese vielen Spezialitäten, jede Gegend Japans hat ihre eigenen. Was mir hier besonders auffiel, waren viele Sachen mit Sesam, Kaki, aber auch Bohnen in allen Varianten, getrocknet, gezuckert, karamellisiert, gesalzen. Diesen Ort gesehen zu haben, war ein weiteres Highlight meines Aufenthalts in Japan, wieder so ganz anders als alle anderen zuvor.








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