September 25, 2015

meine Bleibe

Meine derzeitige Bleibe wollte ich Euch hier doch auch einmal vorstellen. Wie bereits schön öfters erwähnt, wohne ich in einem Apartment in einem Hochhaus in Ikebukuro, gleich auf der Westseite des Bahnhofgeländes. Vom Gleis, um zur Arbeit zu kommen, trennen mich nur fünf Minuten Fußweg durch den Zugangsbereich mehrerer department stores. Ich kann alles, was notwendig ist, per pedes erreichen, nicht nur Geschäfte, eben auch den Zug und diverse U-Bahn Linien. Das ist natürlich ein echter Luxus für mich, den sich von den Kollegen auch lange nicht jeder leisten kann oder will. Manche wohnen weiter außerhalb, weil sie einen Garten haben möchten oder größere, bezahlbare Wohnungen, oder gleich in Fußweite von der Arbeit, weil sie sich weigern, täglich mit dem Zug fahren zu müssen, aber das ist für mich nicht wirklich kritisch, denn wie bereits erwähnt, bewege ich mich antizyklisch und benötige nur knapp fünfzehn Minuten Zugfahrt. Mein Apartment ist ein Raum, der ich sage mal, von der Ausstattung optimal genutzt ist, was verfügbare freie Fläche ein bißchen knapp macht. 


Laut Plan etwa 36 m², meine erste Bleibe in München kam mir dagegen viel größer vor, aber ich mag mich durch die Aufteilung täuschen lassen, das Apartment hier ist eben ein langer Schlauch. In der Tat habe ich ein kleines Problem, ein ausreichend großes Plätzchen für meine Turnmatte zu finden und die habe ich doch tatsächlich gegen meinen inneren Schweinehund inzwischen ausgepackt, weil nach ein paar Wochen auf der deutlich festeren Matratze der Rücken zu zwicken beginnt. Gleich neben dem Eingang, der auf die Toilette zuführt (habe ich das schon mal gesagt, ich liebe die japanischen Toto Washlets mit integrierter untenherum-rundum-sorglos-Spülung, es fehlt nur der Fön, den gibt es bei manchen Luxusausgaben ebenfalls) befindet sich ein Einbauschrank inklusive lindgrünem (!) Feuerlöscher. Um die Ecke dann der Schreibtisch mit Regalen, der auch als Esstisch dienen muss, weil gleich davor dann schon das Sofa platziert ist. 





Zum Sofa gehört auch noch ein Tisch und vom Sofa aus könnte man, wenn man denn wollte, auf einen für meine sonst gewohnten Verhältnisse riesigen Fernseher schauen. Bisher habe ich den Fernseher genau zweimal angemacht. Einmal, um zu sehen, was die Programme so bieten (sofern man sich kein Satellitenfernsehen für einen monatlichen Aufpreis dazu kauft und das tue ich nicht, das lohnt sich für mich nicht, da ich eh zu wenig Zeit für alles andere habe, als die dann auch noch vor dem Fernseher zu vergeuden, kann man das Programm ich sage mal, so ziemlich vergessen, mal unabhängig von meinen nicht vorhandenen Sprachkenntnissen erschien mir die Sendungsauswahl doch reichlich eindimensional, aber es gibt immerhin mindestens einen Verkaufskanal ;-)) und das zweite Mal, um zu bestätigen, dass der DVD Player meine DVDs wie vermutet nicht abspielen kann. Also eigentlich könnte ich das Ding rauswerfen oder an den Rand schieben, da es mitten im Raum steht, aber bewegen läßt sich da nichts, alles ist schön (vermutlich) erdbebensicher fixiert. Außerdem dient es auch als eine Art optischer Raumteiler, der die Sicht auf das Bett verdeckt, was dann am Ende des Raumes unter dem Fenster steht. Theoretisch gibt es auch die Möglichkeit, einen richtigen Raumteiler zwischen Bett und Fernseher einzuziehen, der auffaltbar in der Wand aufbewahrt wird. 







Aber das habe ich bisher für mich alleine garnicht gemacht, nur mal ausprobiert und dann war es in anderen Teil des Raums am anderen Morgen gefühlte 50°C, weil ich nachts die Klimaanlage abstelle, so dass ich es dann doch gelassen habe. Wozu auch, mich alleine stört der Anblick ja nicht. Und dem Durchkommen ist es dann ohnehin eher hinderlich. An der rechten Wand befindet sich die kleine Küchenzeile mit Kühlschrank, Mikrowelle, einem schmalen Schrank für Zubehör und Vorräte, einer praktischerweise ausziehbaren Platte, auf der Reis- und Wasserkocher stehen, dem Spülbecken (der große Abfluss mit dem riesigen Sieb ist einfach klasse), Waschmaschine und einer Herdplatte. Eine Minischublade beherbergt ein wenig Besteck, viel Platz ist da nicht. 






Gleich daneben hinter der Tür die Abstellkammer, in der sich der begehbare Kleiderschrank befindet. Wiederum daneben das Bad. Der Durchgang zwischen Wohnbereich und Schlafbereich ist schon etwas beengt, vor allem wenn die Türen aufstehen, kommt man eigentlich garnicht durch, man muss sie immer schön zumachen, was ich bisher in den ersten Wochen wegen der Hitze vermieden habe.




Denn heiß wurde es in der Bude, unerträglich, wenn man die Klimaanlage nicht hätte. Isolierung scheint an den Häusern also nicht wirklich vorhanden zu sein. Und in der Kleiderkammer hätte ich bei geschlossener Tür schmelzen können. Überhaupt das Klimaanlagenthema ist ja meine Sache nicht. Natürlich ist es hier ohne überhaupt nicht auszuhalten, aber das allgemeine Klima wird dadurch nicht wirklich besser und die Städte selbst heizen sich dadurch doch nur noch mehr auf. Die Luft ist in meinem Apartment bisher eher schlecht, besonders unangenehm empfinde ich das, wenn ich abends nach Hause komme. Die Nase gewöhnt sich dann zwar schnell um, aber ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht sind auch die Einstellungen der Klimaanlage, die ich gewählt habe, die falschen und inzwischen ist mir auch klar, dass die Vorhänge ziemlich müffeln. Doch lüften geht halt auch mal nicht so eben bzw war es in den letzten Wochen nicht von Erfolgserlebnissen gekrönt. Wenn draußen die Luft bei 36°C und mehr mit mehr als 80% Luftfeuchtigkeit steht, wird es komischerweise drinnen auch nicht wirklich besser oder geschweige denn kühler, wenn man die Fenster aufmacht. Oder es kommen die zahlreich vertretenen Mücken herein (die mich ohnehin gepiesakt haben, wenn ich draußen unterwegs war), Essensgerüche von den vielen Restaurants in der Umgebung oder Lärm von Verkehr, Leuten und Klimaanlagen auf den gegenüberliegenden Gebäuden. Nachts nicht zu empfehlen. Der schnarrende Geräuschpegel der Semi war durch die geschlossenen Fenster bis zu mir in den 13. Stock zu hören, unglaublich, inzwischen wird es aber deutlich stiller, man hört sie kaum noch. In der ersten Woche, als es noch kühler war und geregnet hat, konnte ich gut lüften und hatte auch den Eindruck, es hilft, aber danach war es dann vorbei. Das klingt ziemlich negativ und ich muss sagen, im Hinblick darauf freue ich mich auch wieder auf das Leben im Millionendorf München. Aber sobald es hier Herbst wird, wird sich die Luft sicherlich deutlich verbessern. Wer weiß, wie es dann wird, wenn ich mit der Klimaanlage heizen muss. Ich bin gespannt. Die vordere am Schreibtisch hat einen zu lauten Geräuschpegel, und die am Bett bläst ihren kühlenden Wind genau auf die Matratze nieder, das empfinde ich nicht wirklich als angenehm. Ich kämpfe eh immer wieder mit meinen Bronchien, sitze ich doch im Büro ebenfalls unter einem Windauslass und wenn man verschwitzt in den Zügen steht, gibt es vor den Orkanböen kaum ein Entkommen (immer einen Schal dabei zu haben ist genauso wichtig für mich, wie das Frotteeläppchen zum „Trockenwischen“). Aber um wieder etwas positiver zu werden, mein Bad hier mag ich wirklich sehr, auch wenn es natürlich im Vergleich zu meinem heimatlichen viel kleiner ist. Aber es scheint mir ein typisch japanisches zu sein, auf das ich mich immer besonders freue, wenn ich von meinen wochenendlichen Tageserkundungstouren zurück komme. Das Waschbecken mit Unterbau und kleinem Regal befindet sich im Vorraum, die Dusche und Sitzbadewanne im einem Raum daneben, bei dem die Lüftung glücklicherweise hervorragend funktioniert. Es gibt das übliche Höckerchen in der Ausstattung, aber das tollste ist einfach, dass das ganze Bad von Kopf bis Fuß kunststoffverkleidet ist. Man muss nicht in die Sitzwanne steigen um zu duschen (die Japaner waschen sich ja was man so hört und liest auch vor dem Badegang und weichen dann sozusagen nur in heißem Wasser ein, nachdem sie sich vorher bereits separat gereinigt haben), sondern kann sich hinstellen, auf den Rand oder Boden oder das Höckerchen setzen und nach Herzenlust herumplantschen und spratzeln. Es ist Platz, da man nicht von den Wänden einer „normalen“ Dusche eingeschränkt wird. Das ist toll. Davon bin ich mindestens genauso begeistert, wie von so manchen Duschen, die mir während diverser Urlaube in Hotels oder sonst wo begegnet sind und von den Toiletten hier. 





Die Außenwand des Apartments ist eigentlich mehr oder weniger komplett verglast (mittels Schiebetüren) und führt auf einen schmalen „Balkon“, der allerdings als solcher nicht genutzt werden kann. Bisher hatte ich die Vorhänge meistens ohnehin geschlossen, um die Hitze etwas abzuhalten, was auch wirklich einen deutlichen Unterschied gemacht hat. Die Balkone dürfen wie bereits gesagt auch nicht benutzt werden, weder, um dort Blumentöpfe hinzustellen, noch, um Wäsche zum Trocknen aufzuhängen, denn es sind ausschließlich Fluchtbalkone. Das einzige, was also dort draußen steht, ist der Kondensator (?) der Klimaanlage – hier sind die Techniker gefragt – und eine Leiter, die man durch eine Klappe im Boden ausfahren kann, um den darunter liegenden Balkon zu erreichen. Auf die Leiter käme ich jedenfalls eindeutig einfacher, als mich von meinem heimatlichen Balkon in die Feuerleiter zu hangeln. Wer eigentlich so alles in diesem Haus wohnt, ist mir auch nicht ganz klar, aber ich denke, die meisten, werden ähnlich wie ich, nur zeitweise Bewohner sein. Man trifft im Fahrstuhl Europäer, Amerikaner, unglaublich viele Chinesen, aber auch Japaner. Häufig sind Leute mit Koffer unterwegs, sicherlich viele Urlauber, aber auch Leute, die aussehen, als wären sie unterwegs zur Arbeit, so wie ich auch unter der Woche. Ob zumindestens die Japaner eher Langzeitbewohner sind? Aber vielleicht nutzen einige diese Apartments auch nur als Zwischenlösung, bis sie eine andere Bleibe gefunden haben. Bisher habe ich jedenfalls noch niemanden zweimal gesehen, bis auf die Angestellten. Aber darüber muss man sich ja auch nicht wundern, zuhause sehe ich manche Nachbarn ja auch monatelang nicht und wir sind im Haus nur 18 Parteien im Gegensatz zu hier 26 Stockwerken multipliziert mit ca sechs bis acht Türen pro Etage. Erstaunlicherweise sind allerdings vernünftige Mülleimer generell nicht vorgesehen. Gleich beim Einzug wurde mir auf meine Nachfrage mitgeteilt, man würde den Müll nahezu täglich hinunter in den Müllraum bringen. Die meisten scheinen also einfach nur in Plastiktüten zu sammeln, so werden diese wenigstens „wiederverwertet“. Die Mülltrennung ist hier auch ein großes Thema, aber Müllvermeidung scheint mir als Konzept noch nicht wirklich weit ins Bewusstsein vorgedrungen zu sein. 

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