Dass
ich hier in Japan im Land der tollen Muster, der wunderbaren Papiere, schönen Verpackungen und hübschen Stoffe sein werde, war mir ja auch schon vor meiner Ankunft hier
klar. Wer sich dafür nicht begeistern kann oder interessiert, dem entgeht hier
wirklich etwas (finde ich).
Auch wenn die Detailliebe und der Verpackungswahn
als negativer Nebeneffekt Blüten treibt, die aus europäischer Sicht schon fast
unerträglich sind. Ich produziere hier Müllberge ohne Ende, das ist mir
wirklich unangenehm. Und den Plastiktütenberg einzudämmen, ist mir noch nicht
wirklich gelungen. Selbst wenn ich abwehrende Handbewegungen mache und mit
meinem Einkaufsbeutel herumwedele, habe ich hinterher eine unzählige Zahl
zusätzlicher Tüten in der Tasche, alles wird nochmal separat von den Kassierern
in kleine Beutel verpackt, damit nichts tropft oder das Kondenswasser durch die
Tasche fließt. Ich recycle zwar
alle Tüten als Müllbeutel, aber es sind trotzdem viel zu viele. Doch ich
schweife mal wieder ab, Ihr seht schon, dem Thema Verpackung könnte man auch
einen ganzen Beitrag widmen oder zwei oder drei, den schönen Seiten und den
weniger schönen. Auch der zum xten Mal erwähnte Beitrag über das Papier steht
noch aus, Muster sind ja teilweise bereits bei meinem Beitrag über die Tenugui
zu sehen. Was ich allerdings nicht erwartet hatte, obwohl ich weiß, dass es in
Japan wunderschöne Stoffe gibt (von „klassischen“ japanischen Mustern einmal
ganz abgesehen und den ganzen Kimonos und Yukatas, über die ich auch noch
schreiben möchte, tolle, bedruckte Baumwollstoffe, die ich vereinzelt schon bei
uns in Stoffläden entdeckt hatte), ist die unendliche Auswahl hier. Ich war
fassungslos, als ich im Takashimaya (wo es übrigens wunderbar kitschig
romantische Papiertüten mit Rosenblütenkranzdekor gibt, schon allein deshalb
mußte ich dort etwas kaufen) in Shinjuku im elften Stock die „Kurzwarenabteilung“ entdeckt
habe. Die scheint allerdings von einem Laden im Laden betrieben zu werden,
jedenfalls gab es dort Tüten von Yuzawaya (deren homepage ist natürlich nur japanisch und nicht sehr übersichtlich, aber es gibt auch einen netten Post über die Läden hier und hier, das spiegelt im Prinzip auch mehr oder weniger meinen Eindruck wider, hätte ich mal vorher suchen sollen, ich muss vielleicht auch noch mal nach Tsudanuma und zu Tomato fahren). Das ist dann auch als "hobbies and handicrafts" deklariert, mehr als einfach nur Stoffe und Zubehör. Riesig, riesig, riesig, eine Auswahl
aller Arten von Stoffen, Baumwolle, Seiden, Kunstfaser, alle Muster, die man
sich vorstellen kann, Punkte, Tiere, Blumen, Streifen, grafisches, skandinavisch angehauchtes, 60er und 70er Design, japanische Muster, Kirschblüten, natürlich auch "Hello Kitty" und die unvermeidlichen Eulen, Pandas und Hasen, unterschiedlichste Wachstuchstärken, „Stoffe“ um
Regenmäntel zu nähen, Stoffe, die sich anfühlten, wie für Regenschirme, bereits
gequiltete Stoffe, ich weiß garnicht, wofür die genutzt werden, als
Futterunterlagen vielleicht. Ganz kuschelige Baumwollstoffe für Winterpyjamas (das kann ich mir bei der Hitze gerade garnicht vorstellen). Viele Stoffe allerdings ziemlich "kawaii", niedlich, eher für Kinder geeignet und mir scheint bei der Fotodurchsicht, als hätte ich vor allem diese mal eben schnell fotografiert (Fotos eigentlich nicht gestattet, deshalb habe ich immer nur schnell drauf gehalten).
Alles an Zubehör, was man sich vorstellen kann.
Reißverschlüsse in wirklich allen Farbschattierungen, Knöpfe, Litzen, Bänder,
Schnüre, Kordeln, Gewebeband, in allen Stärken, Breiten und Farben, das man für
Henkel an Taschen, Koffern und Rucksäcken nutzt. Wofür? Nähen die Japaner
tatsächlich soviel selbst? Ich muss hier mal bei meinen Kolleginnen herum
fragen. Vielleicht hat es auch mit der Spielebegeisterung zu tun und der
Tatsache, dass sich hier viele als Spielfigur verkleiden und dafür alles selbst
nähen. Es gibt auch Perücken in allen Farbschattierungen, in der Auslage vor allem Grün- und Blautöne, aber die Farbmuster liessen keine Wünsche offen. Das wäre doch etwas
für Karneval, da wollte ich mir doch ohnehin mal eine Kopfbedeckung zulegen.
Problem ist nur, dass das glaube ich einfach nur Langhaarperücken sind, die man
dann eventuell selbst zurecht stutzen muss, da muss ich nochmal genauer
schauen.
Und abgesehen davon weiß ich nicht, ob diese Abteilung im Takashimaya
nicht nur die Spitze des Eisberges ist, aber eigentlich will ich es garnicht wissen.
Das überfordert mich nur. Überhaupt diese ganzen Department Stores. Klar, in
den großen deutschen Städten gibt es da auch immer ein paar, aber das ist
nichts im Vergleich zu hier. Hier gibt es Seibu, Tobu, Takashimaya (der in Shinjuku erstreckt sich über basement 2 bis zu 14F, wobei im Gebäude auch natürlich auch zahlreiche Restaurants, Fitnessstudios und ein Parkdeck untergebracht sind), oioi,
Mitsukoshi, Lumine, Matsuya, Wako, Parco, Hankyu, sogar eine Printemps Niederlassung und und und. Und dann teilweise nicht nur einmal irgendwo in der Stadt, sondern an allen möglichen Standorten. In nahezu jedem Viertel, in der
Nähe aller großen Bahnhöfe. Ist ja auch klar eigentlich, hier eben ja ca 25 mal
mehr Menschen im Großraum Tokio, als in München. Da könnte man Jahre mit
Schauen verbringen und das „Problem“ ist eher, dass dann doch in jedem irgend
etwas speziell ist oder zu sein scheint und es sind eben „department“ stores, einer
geht in den anderen über, große Gebäudekomplexe, die alle irgendwie zusammen
hängen, größtenteils gibt es dort auch dependancen anderer Ketten wie z.B. den
auch bei uns bekannten Muji, aber auch Tokyu Hands und Loft, die ich beide toll
finde (japanische Haushaltswaren ohne Ende, wie Ihr ja wißt, ist der Kustermann
einer meiner Lieblings-ich-geh-mal-schauen-was-es-alles-so-tolles-für-den-Haushalt-gibt-Läden,
aber hier ist die Produktpalette nochmal eine andere, ich sagen nur
„Putzschwämme“ – in allen Farben und Formen, als Mount Fuji, als Hase, als
Hund, als Computermaus, in allen quietschigen Farben, da muss die
Haushaltstätigkeit doch einfach noch mehr Spaß machen). Der Takashimaya in
Shinjuku ist zum Beispiel bekannt für seine Kimonoabteilung (leider darf man in
den ganzen großen Kaufhäusern wie bereits oben erwähnt offiziell nicht fotographieren, es wird auch
ständig durch die Lautsprecher durchgesagt und das reichlich vorhandene
Personal hat auch immer einen scharfen Blick auf alles) und die Süßwaren- und
Bentoabteilungen möchte ich hier erst garnicht erwähnen. Das ist so
unglaublich, das muss man wirklich gesehen haben, um es sich vorstellen zu
können. Vielleicht gelingen mir da doch auch nochmal ein paar Schnappschüsse
aus der Hüfte. Aber das Thema „Ich und Stoffläden“, dass ich nicht lache. Mein Faible dafür läßt
sich vielleicht auch einfach auf die Farben und Muster zurück führen. Ich gehe
immer gerne schauen und fühlen, kaufe hin und wieder auch kleinere Stücke, ohne
allerdings einen Plan zu haben, was ich denn damit eigentlich tun will, wo ich
doch gar nicht nähen kann. Ich wollte mal damit starten und hatte ein Jahr lang
eine geliehene Nähmaschine bei mir stehen, aber angeworfen habe ich sie dann
doch nie. Dafür ist die Stoffstücksammlung nun doch gewaltig gewachsen, also muss
ich mir tatsächlich etwas überlegen, wenn ich wieder zurück bin. Eine Idee habe
ich schon, aber ich befürchte, die ist etwa zu hoch gegriffen dafür, dass ich
seit meiner Schulzeit nicht mehr genäht habe und das damalige Projekt auch
nicht gerade von durchschlagendem Erfolg gekrönt war. Aber mal sehen. Ideen und
Pläne mache ich ja immer wieder gerne viele, die Frage ist, wieviel davon
umgesetzt wird und wieviel Zeit ich meine zu haben, die scheint ja immer zu
knapp zu sein.... Wer das Bedürfnis verspürt, noch mehr Stoffmuster zu
betrachten, kann das bei flickr, dort habe ich unter der Stoffliebesammlung
neben den Tenugui ein weiteres Album eingestellt. Wenn jemand einen Stoff
erspäht, von dem ein Stückchen gewünscht wird, bitte melden. Ich habe
inzwischen auch den Eindruck, dass es auch bei uns immer mehr kleine, individuelle
Geschäfte gibt, die Stoffe verkaufen, Nähkurse anbieten und auch bei manch
alteingesessenem Geschäft gibt es tolle Stoffe. Anbei eine kleine Liste der Geschäfte, wo
ich zwischendurch mal vorbeigehe, oder die mir in letzter Zeit begegnet sind, sei es
unterwegs in der Stadt oder auch online. Da werde ich sicher beim ein oder
anderen vorbei schauen, wenn ich wieder in der Heimat bin und sich die
Gelegenheit ergibt. Oder eben per www.
Für alle Nähfreunde also hier ein paar Tips für München: Radspieler, Roly Poly, Stoffzirkus, quilt und textilkunst, kurzwarenrausch, Ludwig Becks geknöpft und zugenäht, Lavendels; in Köln: Käthe Meier in Nippes (den Laden gibt es noch nicht so lange, da bin ich im Netz drüber gestolpert, sieht aber sehr nett aus), Frau Marzi und der bunte Hund in Sülz, gibt es die Libelle in Ehrenfeld noch? Staghorn ist scheinbar wirklich nur noch online existent und dann gibt es noch myo; in
Berlin und in Hamburg Frau Tulpe, ebenfalls in Hamburg und Langenfeld Charlottas und der Klassiker Westfalenstoffe. Ganz schön viele, die inzwischen online Stoffe verkaufen, das scheint ja wirklich ein guter Markt zu sein, zumindestens im Moment.
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