Juli 08, 2015

Arbeitswege

Heute war tatsächlich schon der dritte Tag in der Arbeit, ich sehe, auch hier wird die Zeit mindestens so schnell vorüber ziehen, wie in der Heimat. 
Weil ich ansonsten seit Montag nicht so wirklich aktiv war (außer Montagabend bei einem Willkommensessen mit ein paar Neuangestellten und Abteilungsleitern (bei dem ich darauf verzichtet habe, Fotos zu machen), gestern und heute Abend aber "nur" zuhause, weil zu müde für großartige Unternehmungen) dachte ich mir, ich schreibe über meinen Weg zur Arbeit. 


Der unterscheidet sich natürlich schon allein dadurch, dass ich in den Monaten hier, statt wie gewohnt mit dem Auto, mit dem ÖPNV (in dem Fall noch ohne U-Bahnlinien) unterwegs bin. Autofahren in Tokio ist auch bei vielen Kollegen laut deren Aussage nicht besonders beliebt (für mich wäre das auch nichts, erstens Linksverkehr und dann kann ich ja noch nichtmal die Schilder richtig lesen, obwohl die hier in der Stadt auch glücklicherweise immer englisch beschriftet sind), die meisten kommen tatsächlich mit JR-East (Japan Rail East, hier in Tokio wie eine Art S-Bahn würde ich sagen) oder die, die näher an ihrer Arbeitsstelle wohnen, auch mit dem Fahrrad. Die S-Bahn unterscheidet sich allerdings dadurch von der deutschen, dass es auf den Strecken drei verschiedene Züge gibt, die teilweise nicht überall halten und dementsprechend unterschiedlich schnell zu ihrem Ziel gelangen, hier gibt es also sozusagen einen Transrapid. Ich muss allerdings aufpassen, dass ich in den grünen "local" train einsteige, ansonsten fährt der Zug an meiner Ausstiegshaltestelle vorbei. Von der Anbindung habe ich es mit meinem kleinen Apartment in Ikebukuro wirklich super getroffen. Der Bahnhof liegt mehr oder weniger direkt vor der Haustür, in drei bis fünf Minuten bin ich auf dem entsprechenden Gleis, nachdem ich mich durch die Menschenmassen habe treiben lassen, und muss nur vier Haltestellen fahren. Das dauert 12 Minuten, dann noch 10 Minuten laufen und schon bin ich da. Also alles in allem eine halbe Stunde, also auch nicht länger als zuhause in München, sogar schneller. Darum wird mich hier der ein oder andere Kollege beneiden, die teilweise ein, eineinhalb oder sogar zwei Stunden unterwegs sind, einfache Strecke wohlgemerkt. Das wäre für mich wirklich unvorstellbar, soviel Zeit mit Pendeln zu vergeuden. Viele schlafen hier auch in den Zügen, sofern sie denn einen Sitzplatz ergattern können. Abgesehen von der schnellen Anbindung habe ich auch das Glück, dass ich wohl antizyklisch pendele (zumindestens das ist ähnlich wie zuhause), der Zug, den ich benutzen muss (Saikyo line), ist relativ leer im Vergleich zu denen, die Richtung "Stadtmitte" fahren. Allerdings scheint es hier natürlich auch Unterschiede zu geben, ob man bereits etwas früher fährt oder erst um acht Uhr losmarschiert. Aber das werde ich in den nächsten Wochen sicher noch genauer ausbaldowern können. Jedenfalls ist es auf dem Gleis gegenüber immer wahnsinnig voll. Und trotzdem läuft alles still und geordnet ab, niemand drängelt, alle stehen geduldig in der Reihe und warten einfach.




Im Gegensatz zu dem Gewühl ist es dann richtig geruhsam, die letzten Minuten noch vom Bahnhof in Kita-Akabane zur Arbeit zu laufen. In diesem Tokioter Randgebiet, kurz dahinter verläuft wohl die "Stadtgrenze", die durch den Fluss markiert wird, ist das Bild dann schon ein anderes als in den geschäftigen Vierteln im "Zentrum". Natürlich gibt es auch Hochhaussiedlungen, aber die allgemeine Bebauung ist doch eher klein, niedrig, teilweise auch freistehend, manchmal kleine Gärten, die Häuschen sehen zum Teil auch recht provisorisch aus. Ich komme auch dort an einem großen Supermarkt vorbei, an einem Elektrogeschäft, das morgens noch meistens den Rolladen mit dem Hasen unten hat (der ein oder andere wird das Bild schon von einem meiner früheren Aufenthalte aus meinem persönlichen fb account kennen), es gibt eine kleine Gärtnerei (dort stehen gerade sehr viele blaue Winden, die Prunkwinde ("Asagao" scheint hier auch sehr beliebt zu sein), eine Feuerwehrwache, viele ältere Menschen, die auf Fahrrädern unterwegs sind. Auffallend ist auch, dass vor jeden Haus und sei es noch so klein, Blumentöpfe stehen, teilweise auch auf der Strasse, wenn sonst nirgends Platz ist, deren Bepflanzung ist natürlich unterschiedlich, von gigantisch bis nicht vorhanden ist alles dabei. Es gibt große Geranienbüsche und auch ein Gelände, das ein größerer Nutzgarten zu sein scheint (Bohnen, Zucchini oder ähnliches blühen gerade, dort stehen auch Granatapfelbäume oder waren es Persimon, ich kann mich gerade nicht genau erinnern, aber das wird sich im Laufe des Jahres herausstellen), einen Garten, in dem großer Bambus, Bananen und große Kamelienhecken wachsen. Letztere habe ich im Februar blühen sehen. 












Und die Strasse, die mich dann zum endgültigen Ziel führt, wird von Azaleenhecken und einer Kirschbaumallee eingefasst, die natürlich beide leider schon verblüht sind. Aber damit ihr mal seht, wie schön das sein kann, habe ich am Ende des Beitrag noch ein Foto einer Kollegin gemopst, die im Frühling diesen Jahres gerade zur rechten Zeit hier war, um den Höhepunkt der Blüte mit zu erleben.


Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen